Porträt: Gott ist müde
Das Stückporträt: Sören Hornung – Arche NOA
von Georg Kasch
April 2020. Willkommen in der Zukunft: Die Erde wird von einem alles vernichtenden Nebel beherrscht. Dietmar, kläglicher Held der Geschichte, hat es gerade noch zu einem Supermarkt geschafft, eine Art Rettungsinsel der Übriggebliebenen. Rein kommt allerdings nur, wer etwas kaufen will.
Denn hier regiert Simone, die ihren „SuperSupermarkt“ verteidigt wie Europa seine südlichen Grenzen und zugleich eisern die Fahne des Konsums hochhält. Auf Dietmars Frage, warum sie denn Geld brauche, wenn der Laden doch voller Dinge sei, antwortet sie: „Du hast wohl etwas zu tief eingeatmet da draußen Wie sollen wir diese wunderschönen Dinge denn kaufen ohne Geld.“ – „Aber die Lebensmittel die sind doch da Die müssen Sie doch nicht kaufen Nehmen Sie doch einfach die Lebensmittel.“ – „Aber von den Lebensmitteln können wir uns doch nichts kaufen Kaufen kann man nur mit Geld.“
Es ist die alte Logik des Marktes, die in Sören Hornungs „Arche NOA“ ohne Punkt und Komma alle durchdringt. Er zeichnet eine vollkommen durchökonomisierte Welt; gesellschaftlicher Fortschritt wird nicht dadurch definiert, dass alle versorgt sind, sondern dadurch, dass die Wirtschaft brummt, die Gewinner weiterhin gewinnen.
Mit Dietmar, Anwalt und Transmann, eine Art Tor – nicht unschuldig, aber naiv – stolpern wir durch „Das Ende vom Schluss“, wie das Stück im Untertitel heißt. Während der Nebel weiter tötet, das Wasser steigt, begegnet er neben Supermarkt-Simone noch der toten Mutter, die ihre Kinder umgebracht hat, Bundeswehr-Soldat Karl Schmidt, als Drohnenpilot Experte fürs entfremdete Töten – und schließlich sogar Gott.