Opernkritik: Häftlinge hinter Masken

Opernkritik: Häftlinge hinter Masken

An der Deutschen Oper Berlin erzählt Regisseur David Hermann mit Beethovens Fidelio etwas über die menschliche Deformation in totalitären Systemen. Doch die Geschichte hat ihre Schwächen – zu denen sich auch musikalische gesellen.

Was tobte damals für ein Sturm, 2002, als an der Deutschen Oper Berlin „Fidelio“ Premiere hatte! Mitten in der Aufführung brachen die Buhsalven los, brandeten Applaus-Erwiderungen auf, brüllten wildfremde Menschen im Parkett einander an. Was war passiert? Christof Nel hatte sich über das Werk lustig gemacht, statt es zu deuten und ließ in einer abstrakten weißen Bühnenlandschaft überforderte Sänger ihre Dialoge in Mikrofone flüstern. Dazu wurschtelte sich Heinrich Schiff durch die Partitur. Das Fiasko war der Anfang vom Ende der kurzen Intendanz von Udo Zimmermann.

Jetzt, 20 Jahre später, wagt sich das Haus erneut an Ludwig van Beethovens einzige Oper und setzt dabei wieder aufs Risiko. Denn Regisseur David Hermann ist durchaus jemand, der dahin geht, wo’s wehtut. In „Fidelio“ will er etwas über die menschliche Deformation in totalitären Systemen erzählen. Dafür hat ihm Johannes Schütz einen Gefängnishof mit mannshoher Mauer gebaut, an dessen Rändern die Häftlinge hinter Masken sitzen, die man als ihre versteinerten Mienen lesen kann. Ein Podest erlaubt ihre Überwachung, ein großes Loch führt zu den unterirdischen Zellen.

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