Essay: Triggerwarnungen: Notwendigkeit oder Bevormundung?
Im Sprechtheater oder Verlagswesen sind Warnhinweise zu Inhalt und szenischer Umsetzung ziemlich verbreitet. Nun halten sie auch Einzug in den Opernbetrieb. Dem einen geht das zu weit, andere verlangen geradezu danach. Der Streit um die sogenannten Triggerwarnungen ist dabei auch eine Diskussion darüber, was Kunst eigentlich ist, kann und soll.
Wenn man sich auf der Homepage der Oper Dortmund über eine Produktion informiert, stößt man oft auf einen dezenten Link: „Hinweise zu sensiblen Inhalten und sensorischen Reizen.“ Klickt man weiter, gelangt man auf eine Seite mit Zusatzinformationen. Bei der Zauberflöte etwa heißt es: „Das Stück thematisiert und zeigt Sexismus. In einer Szene kommt für wenige Sekunden Stroboskoplicht zum Einsatz, in zwei weiteren Nebel.“ Oder bei einem anderen Werk: „La Juive behandelt Antisemitismus und thematisiert die damit verbundene, erlebte körperliche und seelische Gewalt an den jüdischen Figuren. Zu Beginn des Stückes steigt im hinteren Bühnenabschnitt kurz Nebel auf.“ Und beim Musical Cabaret: „Das Stück spielt zur Zeit des Aufstiegs der Nationalsozialisten. In diesem Zusammenhang wird wachsender Antisemitismus thematisiert; in der Szene vor der Pause werden Hakenkreuze und NS-Uniformen gezeigt sowie offenes Feuer von getragenen Fackeln.“
Solche Hinweise, oft Triggerwarnungen genannt, sind im Sprechtheater und teilweise auch im Verlagswesen bereits ziemlich verbreitet. In der Oper nutzen sie in Deutschland bislang wenige Häuser: neben Dortmund auch Bielefeld, Braunschweig, Karlsruhe, Mainz und Hannover. Trigger kommt aus dem Englischen, bedeutet Auslöser und ist als Begriff im Zusammenhang mit den Inhaltswarnungen etwas irreführend. Strenggenommen bezeichnet er in der Traumatherapie Reize, die unwillkürlich die Erinnerung an ein zurückliegendes Trauma auslösen und dadurch wie eine reale Situation erneut durchlebt und durchlitten werden können. Heute wird das Wort häufig für alles benutzt, was Menschen nachhaltig verstören kann, insbesondere vor dem Hintergrund bereits erlebter Gewalt.