Theaterkritik: Schönheit der Zungenbrecher
Raphaela Bardutzkys „Fischer Fritz“ konkurrierte 2021 um den Autor:innenpreis des Stückemarkts. Seitdem wurde das Stück über den pflegebedürftigen Fritz und seine polnische Pflegerin Piotra mehrmals nachgespielt. David Böschs Inszenierung vom Landestheater Linz schaut genau auf diese Figuren, ihre Sprache und gastierte jetzt im Nachspiel-Wettbewerb.
Wenn Fischers Fritz keine Fische mehr fängt, dann könnte das daran liegen, dass er einen Schlaganfall hatte und auch darüber hinaus eine lange Liste an Krankheitssymptomen zusammenbringt: „Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention, beidseitige Gonarthrose, Coxarthrose rechts, Hüft-TEP links“, wie es eingangs heißt. Also engagiert Sohn Franz die polnische Pflegerin Piotra, die sich mit Vokabelkarten im Gepäck nach Bayern quält, wo sie mit Fritz – Lebensmotto „Zu einem Fluss gehört auch ein Fischer“ – eine Wohngemeinschaft auf Zeit mit kleineren Konflikten und noch kleineren Freuden erlebt.
Wenig geschieht: Alltag, Reibereien, Sehnsüchte. Dennoch war „Fischer Fritz“ 2021 für den Heidelberger Stückemarkt nominiert, erhielt beim Förderpreis für Neue Dramatik an den Münchner Kammerspielen den Publikumspreis und wurde 2022 als Produktion des Schauspiel Leipzig bei den Autor:innentheatertagen am Deutschen Theater Berlin uraufgeführt. Inszenierungen in Graz, Linz, Göttingen, Kaiserslautern sowie eine Hörspielfassung im BR folgten.
Warum? Theater bekommen zwei Texte in einem: Volksstück und Sprachkunstwerk. Raphaela Bardutzky versieht eine einfache Geschichte mit menschlicher Tiefe – und mit einer faszinierenden Form, in der die drei Spieler:innen zugleich wortreiche Erzählende ihrer Innenperspektiven sind und eher wortkarg Handelnde. Außerdem knackt und hüpft und jubiliert die Sprache entlang der variierten Sprichwörter, der Übersetzungserkundungen Polnisch-Deutsch und Alliterationen.