Kolumne: Hinter lobbyistischen Slogans

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Kolumne: Queer Royal – Georg Kasch sucht nach dem Bollwerk gegen Rechts

Muss Theater sein? Na klar. Weil: Theater ist systemrelevant. Und: Theater ist ein Bollwerk gegen Rechts. Oder? Kürzlich war in Deutschland Bundestagswahl, die im Großen und Ganzen die Mitte gestärkt hat. Möglich, dass das Theater das Seine dazu beigetragen hat. Allerdings irritieren Details. Etwa, dass in Sachsen die AfD 24,7 Prozent geholt hat. Zugleich ist es das Bundesland mit den höchsten Pro-Kopf-Ausgaben für Kultur. In Thüringen wählten 24 Prozent AfD. Nach Sachsen und den Stadtstaaten liegt es bei den Kulturausgaben je Einwohner auf Platz 5.

Klar kann man sagen: Alles halb so wild, ist ja nur ein Viertel und weit von der absoluten Mehrheit entfernt. Aber in Zeiten von erodierenden Volksparteien reicht das jeweils für Platz 1. Koalitionsbildungen um die AfD herum werden in Ländern wie Sachsen und Thüringen in Zukunft immer schwieriger.

Sachsen wiederum besitzt zahlreiche Theater auch in kleineren Städten, in Annaberg-Buchholz und Radebeul, in Plauen und Freiberg, in Zittau und Görlitz. Dort übrigens war die AfD besonders stark, obwohl das Schauspiel bis zuletzt eine Regisseurin aus Ungarn leitete, die mit ihrem internationalen Ensemble und Übertiteln versuchte, im Dreiländereck die Brücken Richtung Polen und Tschechien zu schlagen.

Was nichts über diese sehr engagierte Arbeit aussagt. Wie es überhaupt erfreulich ist, dass noch kein Haus auf die AfD-Linie eines national-klassischen oder -romantischen Kanons eingeschwenkt ist und sich selbst im boulevardigsten Spielplan noch ein, zwei politische Positionierungen verstecken. Gut möglich also, dass ohne die Theater die AfD noch viel stärker abgeschnitten hätte.

Aber die Wahlergebnisse lehren doch Bescheidenheit angesichts des begrenzten Einflusses von Kultur. Eine der so zentralen wie deprimierenden Erkenntnisse aus den Corona-Lockdowns war ja, dass die Theaterschließungen jenseits der Kulturschaffenden kaum jemanden aufgeregt haben: keine Demos, keine Protestpetitionen, keine Solidaritätsadressen kamen aus dem Publikum, jedenfalls keine, die eine überregionale Wahrnehmung zur Folge gehabt hätten.

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