Theaterkritik: Fehlt das Blöde, wird’s öde?

Theaterkritik: Fehlt das Blöde, wird’s öde?

Was wäre, wenn die Frauen die Macht übernähmen? Sibylle Berg spielt diese Idee in ihrem dystopisch feministischen Stück „In den Gärten oder Lysistrata Teil 2“ durch. Anna-Elisabeth Frick hat es am Hans Otto Theater Potsdam als ironisches Ritual inszeniert.

Da stehen sie nun, die siegreichen Frauen, und könnten sich freuen: kein öder Rammelsex mehr, niemand, der ihnen die Welt erklärt, Herrschaft gesichert. Während die Männer so gut wie ausgestorben sind und die Fortpflanzung außerkörperlich gesichert ist, sorgen Ken-Roboter für Sex. Warum nur gucken die drei im Moment ihres Triumphes so resigniert, melancholisch, ja: bedröppelt?

Vielleicht, weil nun „das Blöde“ fehlt und den Frauen „bald ein wenig öde“ ist, wie es am Schluss von Sibylle Bergs Stück „In den Gärten oder Lysistrata Teil 2“ heißt. Dass diese Erklärung in Potsdam gestrichen ist, gehört zu den Qualitäten von Anna-Elisabeth Fricks Inszenierung. Man muss ja nicht alles toterklären. Deutlich ist der Plot von Bergs herrlich böser, äußerst witziger und an vielen Stellen gereimter Dystopie ohnehin: Die Frauen einer zukünftigen Gegenwart führen uns mit den sieben Gärten der (Un-)Lüste vor, wie sie sich allmählich von den Männern emanzipiert haben. Die streiken irgendwann, verweigern – wie einst die Frauen, deshalb „Lysistrata Teil 2“ – den Sex. Dummerweise fällt das den Frauen gar nicht auf, weil sie nun nicht mehr beim Karrieremachen, Regieren und Abarbeiten gestört werden. Also vegetieren die Männer in ihren Gärten dahin. Plötzlich sind sie weg. War da was?

Offensichtlich. Davon künden Adam, Eva und der Sündenfall, also der Moment, als – der Bibel zufolge – die Frau dem Mann die verbotene Frucht anpries. Beide prangen außen als Wiedergänger aus Van Eycks Genter Altar am feministischen Heiligtum, das hier statt eines Museums der vergangenen romantischen heterosexuellen Zweierbeziehung zum Ort der Rückschau wird. Als sich die Altarflügel öffnen, ist Adam verschwunden. Dafür gibt’s Eva doppelt. Außerdem haben die Ausstatterinnen Mariam Haas und Martha Pinsker eine zentrale Nische mit einer Stele geschaffen, auf der die Symbole der einzelnen Gärten wie Opfer dargebracht werden: ein Apfel, eine Axt, Rosen, Pralinen … Darauf, dass die weibliche Weltherrschaft vielleicht noch nicht ganz so vollkommen ist wie die Handlung suggeriert, deuten die unvollendete zweite Eva und die Vulva-Fliesen hin, die den Schrein bedecken, aber beim Podest nicht ganz gereicht haben.

Weiterlesen…