Theaterkritik: Love Parade
Bedingungsloses Grundeinkommen? Bedingungsloses Gefühl! „Respublika“ von Łukasz Twarkowski & Team ist eine Mockumentary über ein Kollektiv, das mit Hilfe von Techno versucht, freie Liebe in Frieden zu leben und zu spreaden. Deutschland-Premiere war passenderweise im Münchner Utopia.
Mit Utopien ist es so eine Sache. Wenn sie sich realisieren ließen, wären sie keine Utopien mehr. Dennoch versuchen sich die Menschen an ihnen. Wie die Gruppe von „Respublika“. 2020 zog sie sich für ein Jahr in die litauischen Wälder zurück, um eine Kommune mit bedingungslosem Grundeinkommen zu schaffen – und scheiterte. Nun, 2025, versuchen sie es mit bedingungslosem Gefühl und mit Beziehungen. Und denken sich die Angelegenheit mobil: Sie wollen mit ihrer gelebten Utopie und befreienden Raves herumreisen, Menschen einladen.
So geht die Erzählung der immersiven Mockumentary „Respublika“, die Regisseur Łukasz Twarkowski und sein Team am Litauischen Nationalen Dramentheater erarbeitet haben und nun an den koproduzierenden Münchner Kammerspielen zeigen. Darauf, dass die Geschichte so ganz nicht stimmen kann, verweist ja schon das Jahr 2025. Aber auch die Bauten Fabien Lédés im Münchner Utopia, der einstigen Reithalle in der Heßstraße, die an ein Filmstudio erinnern: Mehrere Kuben aus Stahlträgern und Sperrholz beherbergen detailverliebt ausgestattete Zimmer, eine funktionierende Küche, eine ebenso funktionierenden Sauna mit improvisiertem Mini-Pool. Am Ende der Halle öffnet sich eine Tanzfläche mit DJ-Pult. Außerdem gibt es Plattformen, von denen man aus dem Treiben unten zuschauen oder die LED-Wände im Blick behalten kann, wo läuft, was in den einzelnen Räumen gespielt wird, gemischt mit vorproduziertem Material.
Da verdreschen sich nackte Performer in der Sauna mit Birkenreisern und reden über ihre Gefühle den Frauen der Gemeinschaft gegenüber. Da liegt ein Paar im Bett und versucht herauszufinden, wer egoistischer tickt. Da beschwert sich eine Frau, dass sie die einzige sei, die Energie sparen würde. Immer wieder demonstrieren Gruppenszenen, wie jede noch so gute Idee im Kollektiv zerredet und zerrieben wird. Kann natürlich auch an der Qualität der Idee liegen. Von gescheiterten und möglichen Utopien berichten auch Schriftfelder, die gelegentlich über die Bildflächen laufen, von Diogenes über die Paulava-Republik (die vielleicht auch nur eine Vorform des Kapitalismus war) und ein kanadisches Experiment mit bedingungslosem Grundeinkommen in den 70ern bis hin zu einem Frankreich, das Mitte des Jahrhunderts unter einer Präsidentin zum sicheren Hafen für Klimaflüchtlinge werden wird.