Theaterkritik: Wir sind die Krankheit
Eine zubetonierte Welt, in der sauberes Trinkwasser zum unerschwinglichen Luxus wird? Tja, selbst schuld, findet Thomas Köck, der uns in seiner Fusion des Ödipus-Mythos mit der Klimakatastrophe die menschliche Hybris vor Augen führt. Stefan Pucher hat die Uraufführung von „forecast:ödipus“ inszeniert – als packenden Enthüllungskrimi.
Wir kennen die Zahlen. Wir spüren die Auswirkungen. Wir wissen: Es wird schlimmer. Und doch geht im Wesentlichen alles weiter wie bisher. Hier ein paar mehr Windräder, dort ein paar weniger Emissionen. Den Rest reden wir uns schön, Stichwort „Klimakanzler“.
Was hülfe? Ein Systemwechsel! Den fordert das Orakel Pythia in Thomas Köcks „forecast:ödipus“. 2015 war Köck mit „paradies fluten“ im Heidelberger Wettbewerb. Bereits 2019 hatte er in „antigone. ein requiem“ eine antike Tragödie mit den Toten im Mittelmeer verschmolzen. Nun trifft die Geschichte um den König von Theben, der unwissentlich seinen Vater tötet und seine Mutter heiratet, auf die Klimakatastrophe.
Erneut zeigt sich: Zeitgenössisches Vokabular und antike Metrik gehen wunderbar zusammen. Das grobe Handlungsgerüst, die Konflikte lässt Köck unangetastet. Nur dreht er sie weiter: Die Krankheit, die die Bürger:innen Thebens befallen hat, sind Folgen der Klimakatastrophe (oder wie es „eine sterbende priesterin“ sagt: „wir / sind die krankheit wir / wir allein“). Alle schildern sie eine zubetonierte Welt, in der sauberes Trinkwasser zum unerschwinglichen Luxus wird. Pythia kennt die einzige Lösung: eine andere Art zu denken, zu handeln, zu leben.