Operettenkritik: Berliner Schick

Operettenkritik: Berliner Schick

Sage noch einer, dem DDR-Funktionär mangele es an kreativem Talent: „Die Selbstkritik ist mein Prinzip, nun habt mich bitte wieder lieb“, dichtet ein VEB-Chef in der von Axel Ranisch an der Komischen Oper ausgegrabenen DDR-Operette „Messeschlage Gisela“. Eine Ostalgieveranstaltung? Mitnichten!

Arbeiter*innen an die Macht? Das war in der DDR kein Schlagwort, sondern Realität. Nur wollten und sollten sie nicht nur an Maschinen stehen, sondern auch im Theater sitzen und da nicht olle Operetten über Adelsleute oder teure Westimporte wie „Anatevka“ oder „West Side Story“ sehen, sondern sich selbst: die arbeitende Bevölkerung. Also erfanden Komponisten wie Guido Masanetz und Gerd Natschinski die musikalische Komödie. Man könnte sie auch DDR-Operette nennen.

Sie holt die Komische Oper Berlin jetzt ans Licht. Hatte Barrie Kosky während seiner Intendanz die Jazz-Operette der 20er und frühen 30er Jahre wiederentdeckt – „Ball im Savoy“, „Eine Frau, die weiß, was sie will“, „Roxy und ihr Wunderteam“ –, beginnt jetzt mit Gerd Natschinskis „Messeschlager Gisela“ von 1960 eine neue Ausgrabungsserie. Musikalisch knüpft sie da an, wo Kosky aufhörte: Da swingt und schäumt und funkelt es selbstbewusst und ohrwurmend zwischen Salsa und Walzer, Jazz und „Zauberflöte“, dass es eine Mitwipp-Freude ist.

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