Kolumne: Alles andere als selbstverständlich

Kolumne: Alles andere als selbstverständlich

Manchmal liegt man halt daneben. Das musste unserer Kolumnist Georg Kasch mit einer steilen These über queere Theaterstoffe im Osten Deutschlands erfahren. Zeit, das Bild gerade zu rücken. Und sich zu entschuldigen.

Manche Fehler wiegen schwerer als andere. Als ich zu Beginn der Spielzeit meine Kolumne über queere Stoffe der aktuellen Theatersaison schrieb und dazu oberflächlich die Spielzeitvorschauen durchblätterte, formulierte ich aus meinen Beobachtungen eine These: Im Osten gibt’s kein queeres Theater. Das war falsch. 

Heute erscheint mir der Fehler umso gravierender, weil ich inzwischen weiß, wie viele queere Stoffe und Inszenierungsstrategien es in den Häusern in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen gibt (und ich kann die Theatermacher*innen in diesen Ländern für meine falsche These nur um Verzeihung bitten). Zugleich zeigen die Ergebnisse der EU-Wahl vom Sonntag, in welchem schwierigen Umfeld diese Arbeit stattfindet: In ganz Ostdeutschland wurde die AfD stärkste Kraft, selbst in relativ großen Städten wie Leipzig, Dresden, Magdeburg, Cottbus, Rostock, Schwerin.

In all diesen Städten gibt es Theater, die auch queere Abende machen. Magdeburg hat zum Beispiel Jan Friedrichs Inszenierung von Kim de l‘Horizons „Blutbuch“ auf dem Spielplan. Eine Produktion, die so fantasievoll wie formvollendet den Roman im Schnelldurchlauf durchblättert und äußerst suggestive Bilder findet. Im Publikum sitzen in einer Repertoirevorstellung lokale Queers und Berliner Angereiste neben Magdeburger Anzug- und Kostümträger*innen. Während der Vorstellung geht niemand, am Ende begeisterter Applaus.

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