Kommentar: Die Menschen werden entwöhnt
Wieder Winter und ein neuer Theater-Lockdown naht. Die maue Impfquote hält die deutschsprachigen Lande in der Corona-Klemme. Es ist zum Verzweifeln. Aber für die Theater verschärft sich auch die Frage, was Bühnenkunst in und nach der Pandemie sein kann. Ein Kommentar.
Jetzt schließen sie wieder. Österreich ist seit heute dicht. In Bayern dürfen die Theater nur noch ein Viertel ihrer Plätze belegen; steigt die Sieben-Tage-Inzidenz auf mehr als 1000, werden sie ganz geschlossen. Im ebenfalls besonders Corona-betroffenen Sachsen machen die Theater erstmal bis zum 12. Dezember zu. Aber glaubt irgendjemand ernsthaft daran, dass sich danach wieder die Türen öffnen, nur weil auf Schachbrettmuster umgestellt und 2G plus eingeführt wird?
Alles erinnert an den März 2020, an den Oktober 2020. Wieder legt Österreich vor, wieder folgen einzelne deutsche Länder. Wieder kommen die Maßnahmen zu spät, wieder läuft alles – diesmal vermutlich mit 2Gplus-Zwischenstufen – auf generelle Lockdowns hinaus. Nur ist diesmal noch klarer, dass es die politischen Entscheider:innen verbockt haben. Dass eine weitere Welle kommen würde, hatten Wissenschaftler:innen seit dem Sommer wiederholt angekündigt. Blöd nur, dass Wahlkampf war. Blöd auch, dass sich hierzulande niemand mit den Impfverweiger:innen und Verschwörungstheoretiker:innen anlegen will. Blöd übrigens auch, dass nicht mal an den Theatern im Front- und Backstagebereich alle geimpft sind, obwohl auch hier abzusehen war, dass nur die Impfung das Offenbleiben der Häuser sichern würde. Alle wussten, was uns mit einer Impfquote unter 85 Prozent erwartet. Niemand hat reagiert. Jetzt sind alle überrascht. Es ist zum Verzweifeln.