Kolumne: Der lachende Dritte
TERFs (Feministinnen, die trans Menschen ausschließen) sehen einen „Trans-Trend“ und glauben, dass junge trans Menschen mit ihrem „neuen“ Geschlecht einen Weg in die Heteronormativität finden wollen. Über das Erstarken einer gefährlichen Debatte.
Als der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz neulich von einer „Zeitenwende“ sprach, meinte er Deutschlands Außen-, Militär- und Energiepolitik. Dabei träfe das Wort auch auf die Sozialpolitik der Ampel-Koalition zu. Sie plant, in dieser Legislaturperiode das Transsexuellen- durch ein Selbstbestimmungsgesetz zu ersetzen. Personenstandsänderungen sollen dann nicht mehr langwierig (und für viel Geld) beim Gericht, sondern beim Standesamt möglich sein. Und zwar ohne sich davor bei zwei psychologischen Gutachter:innen seelisch nackig zu machen. Zuvor hatte bereits das Bundesverfassungsgericht nach und nach die meisten Bestandteile des von 1981 stammenden Transsexuellengesetzes kassiert: die verpflichtende Operation der Geschlechtsmerkmale ebenso wie die Zwangssterilisierung und die Zwangsscheidung.
Gegen das neue Gesetzesvorhaben regt sich jetzt Widerstand – von Feminist:innen. Viv Smythe hat für sie den Begriff TERF geprägt: Transexclusionary Radical Feminist (also: Feministinnen, die trans Menschen ausschließen). Dazu gehört, höchst prominent, „Harry-Potter“-Autorin Joanne K. Rowling, die seit einigen Jahren mit transphoben Äußerungen auffällt und deshalb Ärger mit etlichen ihrer Fans hat. Dazu gehört die Philosophin Kathleen Stock, die trans Frauen beharrlich als Männer bezeichnet und 2021 nach anhaltenden, teils scharfen Protesten gegen ihre Positionen als Professorin im britischen Sussex zurücktrat.
Dazu gehört in Deutschland seit einiger Zeit auch Alice Schwarzer, die in ihrem zusammen mit Chantal Louis geschriebenen und soeben erschienenen Buch „Transsexualität. Was ist eine Frau? Was ist ein Mann?“ Thesen vertritt, die sich grob so zusammenfassen lassen: Die in den vergangenen 30 Jahren deutlich steigende Anzahl von trans Menschen lasse damit erklären, dass es sich in den seltensten Fällen um „echte“ trans Menschen handele. Schwarzer zufolge sind die meisten trans Männer Lesben, die unter den Schirm männlicher Privilegien wollen. Trans Frauen hingegen sind – so die Argumentation des Buchs – eigentlich Männer, die unter neuer Maskierung in geschützte Räume wie Frauenhäuser und -gefängnisse einzudringen versuchen. Das neue Gesetz werde es auch erlauben, dass schon Kinder und Jugendliche, kaum dass sie sich in ihrem Körper nicht wohlfühlen, mit Hormongaben und Operationen „verstümmelt“ werden.
Um ihre Thesen zu stützen, zitiert sie Expert:innen wie den Münchner Jugendpsychiater Alexander Korte, der behauptet, die „Trans-Ideologie“ sei ein „Homosexualitäts-Verhinderungs-Programm“ – weil lesbische Mädchen und schwule Jungs über ein neues Geschlecht in der Heterosexualität landen wollen würden. Ihr Fazit: „Trans ist Trend“. Und davon profitierten Pharmaindustrie, Mediziner:innen und – Männer. Alice Schwarzer hat sich zweifellos verdient gemacht um den Feminismus: ihr Kampf gegen den Abtreibungs-Paragraphen 218, ihre Ausführungen zu gesellschaftlich konstruierten Geschlechterrollen, ihre Stern-Klage. Was sie hier aber als populärwissenschaftliche Melange mit viel gefühlter Wahrheit präsentiert, ist nichts weniger an eine Kampfansage an den Queerfeminismus: Frauen sollten besser wieder für sich allein einstehen, weil Trans-Rechte am Ende Männern nutzt, ihnen entweder neue Männer zuführt oder ihnen die Türen zu exklusiven Frauenräumen öffnet.