Opernkritik: Kluger Hunde-Irrsinn
Am Opernhaus Zürich inszeniert der Schauspieler Max Hopp Offenbachs komische Oper „Barkouf“. Musikalisch ist die schweizerische Erstaufführung ein voller Erfolg, szenisch jedoch ist Luft nach oben.
Wenn die Herrschaft auf den Hund kommt, kann das ziemlich amüsant sein. Jedenfalls, wenn ein echter Hund zum Herrscher ausgerufen wird. Eigentlich will der fiese Großmogul damit das Volk bestrafen. Der Hund aber beißt alle Speichellecker weg und lässt sich nur von seiner Besitzerin Maïma besänftigen. Die Frau aus dem Volk wird zur offiziellen Übersetzerin bestellt und deutet seine Entscheidungen menschenfreundlich: Steuern runter, Willküropfer frei, solche Sachen.
Das ist die überraschende Wendung in Jaques Offenbachs Opéra bouffe „Barkouf“. Auch wenn Offenbachs Librettist Eugène Scribe die Handlung in einen Märchen-Orient verlegte und Paris meinte, lässt sich die Story auf alle totalitären Systeme münzen. Davon gibt’s ja auch heute noch reichlich. Am Ende wird Maïma sogar die Nachfolgerin ihres Hundes, und zwar demokratisch legitimiert.
Eine starke, umsichtige Frau als politische Führungsfigur, eine bissige Macht-Parodie, großartige Musik – warum nur staubte das Werk über 150 Jahre lang im Privatarchiv der Offenbach-Erben vor sich hin? Seine Qualitäten sind deutlich: Offenbach drängt hier, zwei Jahren nach dem phänomenalen „Orpheus“-Erfolg, weg von den Couplets und Parodien, hin zu großen geschlossenen Nummern, die schon auf die viel späteren „Contes d’Hoffmann“ verweisen. Da gibt es Arien, die nach Grand Opéra klingen und harmonische Wagnisse, die insbesondere die Kritiker der Uraufführung 1860 verstörten. Die einen lehnten es als „zu jüdisch“ ab, die anderen als zu neutönend (sie fürchteten einen zweiten Wagner). Zensurzwänge und die üblichen Theaterprobleme machten der Produktion völlig den Garaus. Erst 2018 wurde es in Strasbourg erneut inszeniert, die Produktion später auch in Köln gezeigt.