Theaterkritik: Viel Spaß bei Eurem Untergang!

Theaterkritik: Viel Spaß bei Eurem Untergang!

Rom – Am Deutschen Theater Berlin erzählt Karin Henkel mit John von Düffels Shakespeare-Montage vom Aufstieg und Fall einer Republik

Ein Staat steht Kopf. In die Tiefe zieht sich die Wand, bedruckt mit Wolkenkratzern, die ihre Dächer Richtung Boden strecken. Sie bleibt auch dann noch stehen, als die Drehbühne mit ihren verschiedenen Spielorten längst abgeräumt ist und nur noch Fragmente übrig sind. Vielleicht, weil eine der Konstanten in den gut 400 Jahren, von denen „Rom“ erzählt, ist, dass immer Chaos herrscht – Bürgerkrieg, Aufruhr, Machtkampf.

„Rom“ nennt John von Düffel knapp seine Trilogie über Aufstieg und Fall einer Republik. Dazu hat er die Shakespeare-Dramen „Coriolan“, „Julius Cäsar“ und „Antonius und Cleopatra“ auf all das hin eingedampft, was erzählt von Macht und Machtmissbrauch, vom Entstehen und Vergehen einer Demokratie. Die kommt bei Shakespeare nicht besonders gut weg: Das Volk ist wankelmütig, verführbar und verlangt nach starken Männern, die sich aneinander aufreiben, bis die Republik Geschichte ist und nur noch einer übrig bleibt: Kaiser Augustus.

Tragödie mit Reiseführerin

Von Düffel reißt an, führt vor, räumt ab: Erst die Kriegsmaschine Coriolanus, den die manipulative Mutter nicht zum doppelzüngigen Politiker umgebogen kriegt. Dann Brutus, der Cäsar ermordet, um die Republik vor dem Tyrannen zu retten, aber Antonius leben lässt – der im dritten Teil Cäsars Adoptivsohn Octavius unterschätzt.

Das ist mit Blick auf die pädagogische Botschaft geschickt gebaut, oft verslos und heutig – und schon in Nürnberg und Wiesbaden erprobt. Allerdings verzwergt der Abend so auch die ungeheuren Konflikte. Immerhin setzt ihm Karin Henkel starke Schauspieler entgegen, die sich ihre Hände regelmäßig mit Kunstblut aus dem Blecheimer beschmieren. Zudem lässt sie Kate Strong als Denglisch plaudernde Schicksalskommentatorin durch den Abend führen. Die ätzt so böse, stiert so hinreißend Ausrufezeichen in die Luft, dass man ihre Worte aufsaugt, als wären sie von Shakespeare.

Zu Beginn malt ein Kind mit dem Blecheimer-Blut „Rom Republik“ an die Wand, die die Vorder- von der Hinterbühne trennt, um uns dann den Stinkefinger hinzuhalten. Das ist der Ton: Viel Spaß bei Eurem Untergang! Hier sitzt der Krieger im Unterhemd und wird von seinen drei Müttern umrundet, die eher wirken wie Macbeth-Hexen. Ein Satyrspiel, eine Verhandlungstischkomödie.

Weiterlesen…