Theaterkritik: Es regiert das Wort

Theaterkritik: Es regiert das Wort

Don Karlos – Staatstheater Hannover – Laura Linnenbaum verzichtet bei Schiller auf Aktualisierung

Briefe also: Im Dutzend tragen Karlos und Elisabeth sie zu Beginn an die Rampe. Einen schönen Haufen ergibt das aus den zärtlichen Episteln, die sie sich einst als Brautleute schrieben. Aus ihnen entspinnen sich die herrlichsten Verwicklungen, Missverstände, Intrigen. Alle werden sich hier später bedienen.

Briefe sind’s, nicht E-Mails, WhatsApps, Sprachnachrichten. Das ist insofern symptomatisch, als Regisseurin Laura Linnenbaum in ihrer schnörkellosen Inszenierung von Friedrich Schillers „Don Karlos“ am Schauspiel Hannover nie explizit aktualisiert. Blicke und Gänge regieren, Licht und Schatten, vor allem: das Wort. Könnte sein, dass Corona den Traum aller Konservativen wahr macht: dass wieder mehr, sinnhaltiger, deutlicher gesprochen wird auf den Bühnen, dass, wo Berührungen und Nähe versiegen, die reine Behauptung reichen muss. Und dennoch zeigt Linnenbaum Menschen von heute in einem ziemlich packenden Drama.

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