Theaterkritik: Luise rennt

Theaterkritik: Luise rennt

Das Mecklenburgische Staatstheater Schwerin eröffnet eine neue Spielstätte: die M*Halle. Sie verzaubert mit rauem Charme, bringt aber auch technische Schwierigkeiten mit sich. Steffi Kühnert inszeniert Schillers „Kabale und Liebe“ als kalte Welt in provisorischer Umgebung und mit starken Schauspielleistungen.

Der berüchtigte Brief also, Herzstück von Wurms Kabale, in dem Luise so tut, als liebe sie Kalb, um ihren Vater zu retten. Noch während sie ihn diktiert bekommt, ahnt sie, dass er ihr Todesurteil werden wird. Schließlich will sie ihn nicht loslassen, als Wurm danach greift. Erst ist es ein kleines Tauziehen, dann klammert sie sich mit aller Macht daran. Da muss Wurm schon jeden ihrer Finger einzeln lösen, um zu kriegen, was er will.

Luise ist in Steffi Kühnerts Inszenierung von Friedrich Schillers „Kabale und Liebe“ überhaupt eine, die nicht so schnell loslässt. Nur stemmt sie sich – ganz körperlich übrigens, so herrlich widerständig muss man erst mal stehen können wie Clara Wolfram – vergeblich gegen eine Welt, in der alle glauben, auf sie zugreifen zu können. Schiller hatte in seinem Trauerspiel vom Bürgers- und vom Adelskind, deren Liebe an Standesdünkel und Hofintrigen scheitert (und ein wenig auch an sich selbst), mit Willkürherrschaft und ihren Folgen abgerechnet.

Kühnert hingegen zeichnet eine kalte Gesellschaft, in der sich Wege kreuzen, ohne dass sich Menschen wirklich begegneten, in der Einflusssphären und Besitz wichtiger sind als das Glück des Einzelnen. Und in der nicht mehr Stände, sondern Klassen die Unterschiede markieren: Millers wohnen in der Platte, von Walter fährt Porsche und macht seine Machtgeschäfte mit Wurm im Spa ab.

Dass diese Welt so kalt wirkt, hat auch mit der neuen Spielstätte des Mecklenburgischen Staatstheaters zu tun, die die Inszenierung eröffnet: die M*Halle. Die neuen Flächen in einer ehemaligen Druckerei am Rande des Schweriner Plattenbauviertels Großer Dreesch, die das bisherige E-Werk während dessen Renovierung für mindestens sieben Jahre ersetzen, sind enorm und besitzen einen rauen Charme.

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